Für den Film WAIT UNTIL AFTER wurde eine stumme Bolex Kamera eingesetzt. Das 16 mm schwarzweisse Filmmaterial wurde von uns selbst in einem Eimer entwickelt worden.
Das begrenzte Filmmaterial und die begrenzte Einstellungslänge zwangen uns zum ausschnitthaften Erfassen des Geschehens. Im besten Fall schließt der Zuschauer die Lücken in der Filmerzählung mit eigenen assoziativen Bildern. Hier besteht Wahrnehmung nicht nur aus den Informationen des Netzhautbildes, sondern wird immer mit eigenen Erfahrungen und Erinnerungen kombiniert.
Der fehlende Synchronton fordert ein explizites Nachdenken über die Tonspur. Sie wurde hinterher neu erschaffen. Der Ton war nicht wie so oft beim dokumentarischen Film Anhängsel des Bildes, sondern ein autarkes Gestaltungselement. Der entstandene Freiraum lud zu einer poetischen künstlerischen Verknüpfung von Ton- und Bildebenen.
Die kleine leichte Bauweise der Bolex und der Handgriff unterhalb des Gehäuses entsprechen dem Aufbau einer S8 Amateurkamera, die im mobilen Einsatz mit einer Hand gehalten werden kann. Mit dem kleinen Sucher ist es beim situativen Arbeiten nicht möglich das Bild bis ins letzte Detail zu kontrollieren, Unschärfen und Wackler sind unvermeidbar. Die unperfekte, intuitiv geführte Handkamera verweist noch stärker auf eine anthropomorphe Kameraarbeit hin, als dies beim Einsatz einer, für die Schulter konzipiertes Kameramodell, der Fall wäre.
Der laute Federwerkmotor des ungeblimpten Gehäuses zieht die Aufmerksamkeit des Protagonisten auf die Kamera. Es entsteht eine Interaktion zwischen Protagonist*in und Kameraperson. Der Blick zur Kamera und in die Optik, ist ein entscheidendes Moment in der Ästhetik des Materials bzw. in der Wirkung dieses Mediums, man fühlt sich als Zuschauer direkt angesprochen, ähnlich wie man es aus den alten S8 Familienfilmen kennt.
Womöglich ruft gerade diese dem Amateurfilm verwandte Ästhetik jenes Gefühl von ungestellter Authentizität und erlebter Wirklichkeit hervor.
Durch die manuelle Filmentwicklung bei WAIT UNTIL AFTER entstehen unkontrollierbare Veränderungen der Filmschicht wie Schlieren, Kratzer und Abdrücke. Diese haptischen zufälligen Spuren lassen das Trägermaterial Film sichtbar werden. Zum reinen Abbild kommt eine malerische Komponente hinzu.
Die entstandenen Schwarzweiß-Bilder erzählen im Vergleich zur farbigen digitalen Welt weniger von äußerer Realität, sondern ermöglichen das Erschaffen von poetischen traumhaft wirkenden Bildern, eine subjektive Facette der Wirklichkeit. Beim Zuschauer entstehen Freiräume für Assoziationen, eher ein innerer Widerhall als eine bloße Spiegelung des Geschehens.
Dieser aktive Vorgang vom Erinnern und Hervorholen gespeicherter Emotionen lässt beim Zuschauer ein individuelles Gefühl von Wahrhaftigkeit entstehen und verleiht solchen poetischen dokumentarischen Bildern die nötige Authentizität.